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7. Mai 2018 Liebe Leserschaft,

Frau Krämer wollte kein Mann sein – und hat verloren. Im März 2018 wies der Bundesgerichtshof die Klage der Sparkassen-Kundin ab, die von ihrem Geldinstitut forderte, weibliche Personenbezeichnungen einzuführen.  Konkret wollte Frau Krämer künftig als Kundin und nicht länger als Kunde angesprochen werden.

Was ist „gendergerechte Sprache“?

Was von den einen als reine Eitelkeit oder feministische Attitüde gedeutet werden kann, ist für Sprachwissenschaftler und in vielen Redaktionen ein Thema, das bereits seit Langem diskutiert wird. Das Ergebnis sei gleich vorweggenommen: Es gibt nicht die eine gültige Lösung.

Geschickt gendern

„Gendern“ bedeutet laut Eintrag in Wikipedia, dass Sprache bzw. Text nach den Richtlinien geschlechtergerechten Formulierens verwendet wird. Geschlechterneutrale oder -gerechte, auch gendersensible Sprache genannt, adressiert Veränderungen in Wortschatz, Rechtschreibung  und Grammatik, die auf eine Gleichstellung der Geschlechter im Hinblick auf die Sprache zielen. Die Erscheinungsformen, mit denen wir es im Arbeitsalltag  als Autoren und Autorinnen, TexterInnen und Lektor_innen am häufigsten zu tun haben, sind die folgenden:

  • Doppelnennung (Paarform): die Leser und Leserinnen, Leser/Leserinnen
  • mit Schrägstrich, Schrägstrich mit Ergänzungsstrich: die Leser/innen; die Leser/-innen
  • mit Klammern: Leser(innen)
  • mit Gender*stern: die Leser*innen
  • mit Binnen-I: die LeserInnen
  • mit Unter_Strich (sog. Gender_Gap): die Leser_innen
  • Neutrale Form: die Lesenden, die Leserschaft

Nichts davon ist falsch, alles kann, allerdings ist oberstes Ziel immer die einheitliche und durchgängige Handhabung – und sehr oft ist die verbindliche Schreibung durch die Unternehmensterminologie des Auftraggebers bereits vorgegeben.

(K)ein Satz mit x

Der Vollständigkeit halber sei auf das neutrale x von Lann Hornscheidt, „Professx“ für Gender Studies und Sprachanalyse in Berlin, hingewiesen, die noch einen Schritt weitergeht. In unserem Beispiel hätten wir es dann nämlich mit Leserx zu tun.  Vermieden werden soll damit jegliche „zweigendernde“ Ansprache. Der eher umständlich-experimentelle Charakter, auch hinsichtlich der Aussprache, lässt jedoch fraglich erscheinen, ob die Umsetzung in naher Zeit auf breitere Akzeptanz stoßen wird.

Neutral formulieren: Ersatzformen und Kurzformen im Plural

Ziemlich einfach können wir es uns mit genderneutralen Bezeichnungen (s. o. Neutrale Form) machen: Lehrkräfte, Sprachprofis, Pflegepersonal und Parteimitglieder sind Begrifflichkeiten, bei denen das sprachliche Geschlecht unsichtbar gemacht, somit „neutralisiert“ wird.  Hier einige weitere Beispiele für Vereinfachungen:

  • Männer und Frauen => Leute, Menschen, Personen
  • Forscherinnen und Forscher => Forschende
  • Schreiberinnen und Schreiber => Schreibende
  • Studentinnen und Studenten => Studierende
  • Stellvertreter und Stellvertreterin => Stellvertretende
  • Expertin und Experte => Fachkräfte

Wie geht’s denn nun richtig?

Gendergerecht zu schreiben ist, als wolle man die Quadratur des Kreises lösen. Argumente finden sich gegen fast jede der oben vorgeschlagenen Möglichkeiten: Das generische Maskulinum (Autor, Professor, Kunde) ist nicht mehr auf der Höhe der Zeit, weil es alle anderen Geschlechter verschweigt. Beim Binnen-I tritt die feminine Form zu stark in den Vordergrund, bei Sternchen und Unterstrich steigt die amtliche Rechtschreibung aus. Verwenden wir die Doppelnennungen oder die Schrägstrich-Varianten, gehen wir im Augenblick noch am ehesten auf Nummer sicher: Leserinnen und Leser, Leser/innen, Leser/-innen.  Hier riskieren wir zwar einen stockenden Lesefluss, doch ist zu überlegen, in welcher Art von Texten wir diese Formulierungen überhaupt finden – in Romanen sicher nicht.

Weitere Infos und Literatur zum Thema:

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